Definition: ADS/ADHS
Was ist eine
Aufmerksamkeitsdefizitstörung?
Von ADS spricht man, wenn ein Kind
länger als 6 Monate sowohl im Kindergarten, in der Schule (Gruppensituation)
als auch zu Hause durch ausgeprägt unaufmerksames und impulsives Verhalten
aufgefallen ist. Kommen motorische Unruhe und übermäßiger Bewegungsdrang
(Hyperaktivität) hinzu, dann spricht man von ADHS, einer
Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitätsstörung. Unaufmerksamkeit, Impulsivität
und Hyperaktivität sind die Leitsymptome der Erkrankung.
Typisch ist, dass die
Verhaltensweisen weder dem Alter noch dem Entwicklungsstand des Kindes
entsprechen und sich nicht von allein wieder bessern. Das auffallende Verhalten
tritt also nicht phasenweise auf, sondern ist zeitlich stabil. Erhebliche
Teilleistungsstörungen wie eine Lese-Rechtschreibschwäche oder eine
Rechenschwäche können außerdem zu Problemen im sozialen Umfeld und zu
Leistungsabfall in der Schule führen.
ADS/ADHS: Zwei Formen einer Störung
1. Aufmerksamkeitsdefizit ohne Hyperaktivität
(ADS)
Die ADS zeichnet sich durch
Unaufmerksamkeit, Impulsivität sowie eher durch eine Aktivitätsverminderung
(Hypoaktivität) aus. Man geht davon aus, dass Mädchen von dieser Form häufiger
betroffen sind als Jungen.
Kinder mit ADS haben eine
mangelnde, nicht altersgemäße Konzentrationsspanne. Sie bringen kein Spiel zu
Ende, sind fahrig und zerstreut, lassen oft Sachen liegen, kleinste Anweisungen
werden vergessen. Sie haben ein langsames Arbeitstempo und wirken verträumt.
Kinder mit ADS werden oft nicht als solche erkannt.
Obwohl das überschießende Verhalten
vollkommen fehlt, werden auch Kinder mit ADS oft isoliert, denn auch sie neigen
zu Wutanfällen und heftigen Stimmungsschwankungen, sind in der Schule aufgrund
der Konzentrationsstörung leistungsschwach und gelten deshalb als dumm und /
oder faul
2. Aufmerksamkeitsdefizit mit Hyperaktivität (ADHS)
Viele Eltern beschreiben eine ausgeprägte und sehr lang anhaltende Trotzphase
mit häufigen und imposanten Wutanfällen. Das Spielverhalten ist plan- und
rastlos, die Ausdauer im Einzel- und Gruppenspiel gering und der Umgang mit
Spielzeug sinnwidrig und destruktiv.
Kinder mit ADHS sind im Vergleich
zu anderen Kindern häufiger von motorischen Teilleistungsstörungen betroffen.
Die Entwicklung des
Sozialverhaltens der Kinder mit ADHS ist gestört . Bei einem Teil der Kinder
ist das Verhalten nicht vorhersehbar und kann sich in Aggressionen äußern. Dies
kann schließlich dazu führen, dass das Kind zunehmend isoliert wird, keine beständigen
Freundschaften hat und nicht zu Kindergeburtstagen eingeladen wird.
In der Schule kommt es infolge der
gesteigerten Anforderungen bald zu erheblichen Schwierigkeiten. Das Kind stört
anhaltend den Unterricht, zeigt wenig Ausdauer und ist sehr schnell abgelenkt.
Es gibt Eltern, die sich nahezu täglich mit den Lehrern auseinander setzen
müssen, weil ihr Kind dazwischen redet, Geräusch produziert, zappelt, den
Banknachbarn nicht in Ruhe lässt, Klassenkameraden verletzt. Die Beschwerden
nehmen kein Ende.
Auf Ermahnungen reagiert das Kind
mit Wutanfällen. Oder es spielt den Klassenclown, um Aufmerksamkeit und
Zuwendung zu erhalten. Auch das zieht eine Kette von Ermahnungen und
Bestrafungen nach sich. Die Grundstimmung des Kindes ist unglücklich, sein Selbstbewusstsein
schwindet.
Bei schwer betroffenen
ADS/ADHS-Kindern kommt es oft schon früh zu ausgeprägtem Trotzverhalten, das
gemeinsam mit den vielen Misserfolgen und der Isolation unter Gleichaltrigen im
Kindergarten oder in der Schule Probleme bereitet.
Kinder und Jugendliche mit ADS/ADHS haben mehrfach gesteigertes Risiko für
Unfälle. Immer wieder berichten Eltern von Kindern mit ADS/ADHS über
Beinaheunfälle.
Unbehandelte ADS/ADHS-Kinder
entgleisen sozial oft schon in sehr jungem Alter, sie beginnen früh Zigaretten
zu rauchen oder Alkohol zu trinken. Die Gefahr, drogensüchtig zu werden, ist
bei ihnen höher als bei Kinder und Jugendlichen ohne ADS/ADHS.
Was passiert im Gehirn eines
ADS/ADHS-Kindes?
Sowohl bei einer ADS mit Hyperaktivität als auch bei einer ADS ohne
Hyperaktivität stehen die Störungen der Aufmerksamkeitsausrichtung und
mangelnde Impulshemmung („erst handeln, dann denken“) sowie eine
„Reizüberflutung“ im Vordergrund.
Man kann sich das Gehirn eines
Kindes mit ADS/ADHS als „Dschungelgehirn“ vorstellen, während Kinder ohne diese
Störung eine Art „Informationsautobahn“ im Kopf haben. Bei Kindern mit ADS/ADHS
müssen sich Informationen durch viele geschlängelte Pfade kämpfen und gehen
dabei teilweise verloren, bevor der Rest über viele Umwege schließlich im
Verarbeitungszentrum ankommt. Deswegen vergessen Kinder mit ADS/ADHS
aufgenommene Informationen schnell und lernen schlecht aus Erfahrungen.
Wie äußert sich ADS/ADHS?
Durch die Reizüberflutung sind die Kinder – im wahrsten Sinne des Wortes –
ständig überreizt und immer an der Grenze ihrer Kraft. Aus diesem Dauerstress
resultiert eine sehr geringe Frustrationstoleranz mit starken Schwankungen und
heftigen Gefühlsabstürzen.
Viele Kinder mit ADS/ADHS scheinen
nicht zu hören, wenn sie angesprochen werden, und Dinge nicht zu finden, auch
wenn sie direkt vor ihnen liegen. Kinder mit ADS/ADHS haben in der Regel
Schwierigkeiten, in der kontrollierten Abfolge von – im Grunde ganz
alltäglichen – Handlungsabläufen, d.h. es fällt ihnen schwer, Handlungen in der
durch Eltern oder Lehrer vorgegebenen Reihenfolge auszuführen.
Das Schreiben fällt den Kindern oft
sehr schwer. Die Schrift ist schlecht bis unleserlich, das Heft unsauber
geführt. Eine Lese-Rechtschreibschwäche oder Rechenschwäche kommt häufig hinzu
und kompliziert die Situation weiter. Die Hausaufgaben werden zu einem
täglichen Kampf zwischen Eltern und Kind.
Die Störung der Aufmerksamkeit und
der Informationsverarbeitung führt zu einer Beeinträchtigung von Gedächtnis und
Lernen, zu mangelhafter Strukturierung der Aufgaben und schließlich zu
Schulversagen. Lern- und Leistungsprobleme sind immer wieder Anlass für
Schulwechsel und Klassenwiederholungen.
Unbehandelte Jugendliche mit
ADS/ADHS tendieren aufgrund einer möglichen (durch eine ADS/ADHS begünstigten)
Störung des Sozialverhaltens zu sozialen Randgruppen. Eltern machen sich in
dieser Zeit oft große Sorgen, ihr Kind könne in eine kriminelle Laufbahn oder
Suchtkarriere abgleiten. Diese Gefahr ist tatsächlich gegeben, wenn die
rechtzeitige Behandlung und stützende Faktoren fehlen.